Es folgt… Kein klassischer Reisebericht…

Wir sind gerade auf dem Weg von Bangkok nach Hua Hin im Auto und während der thailändische Verkehr an uns vorbei zieht, gehen mir die letzten Tage in Hanoi nicht so recht aus dem Kopf.

Wir haben auf unserer Südostasien-Reise einen kleinen Abstecher nach Vietnam gemacht. 3 Tage Hanoi, 2 davon – inklusive Übernachtung – auf einem kleinen Schiff in der Ha Long Bucht.

Ha Long Bay gehört seit 1998 zum Unesco Weltkulturerbe. Die aus 1996 Inseln bestehende Bucht, die der Legende nach von einem Drachen erschaffen wurde, ist eindrucksvoll und die Bilder der Ha Long Bucht hat jeder schon einmal gesehen. Unzählige kleine aus dem Wasser ragende Inselspitzen, Felsen, mal kleiner, mal größer… Wie eine andere Welt erscheinen die Felsformationen majestätisch vor einem, wenn man mit dem Boot die Marina verlässt. Die Landschaft ist wunderschön und sehenswert, keine Frage! Trotzdem hat der Besuch der Ha Long Bay in unseren Köpfen zwei völlig verschiedene Gedanken hinterlassen.

Von Anfang an:

Im Voraus haben wir ein paar Touren verglichen und uns letzendlich für die V’Spirit Classic 2 Day Tour entschieden. Die Bewertungen auf Tripadvisor waren ausschließlich positiv. Im Nachhinein auffallend positiv. Auf Tripadvisor waren genaugenommen fast alle dieser Touren mit 5 von 5 Sternen bewertet. Wir buchten über Booking.com. Einfach weil wir auch gern mal einen Euro sparen, weil es angeboten wurde und 20 Euro günstiger war, als der Preis, den wir über die sonstigen Veranstalter bekommen haben. Hier sehen die Bewertungen schon nicht mehr so positiv aus – allerdings bezogen sich die negativen Aspekte eher auf Buchungsprobleme, Zimmerauswahl, etc. Seis drum – vorneweg, 4 von 5 Sterne würde auch ich geben. Die Organisation war super, das Schiff war sauber, unser Zimmer war schön und alles hat gepasst.

Von Hanoi zur Ha Long Bay

Wir wurden früh um 8:30 von unserem Hotel im Old Quarter in Hanoi von einem kleinen Bus abgeholt. Wir waren die letzten, die eingesammelt wurden. Für die ca. 30 anderen Teilnehmer der Tour aus allen Herren Ländern bedeutete das wohl ca. eine halbe Stunde Busfahrt durch Hanoi. Aber es kann ja auch durchaus interessant sein, vom Bus aus das Gewusel im vietnamesischen Straßenverkehr zu beobachten und zu schmunzeln, wenn sich Busse wie dieser neben 100 Motorrollern, Fahrradfahren, ein paar Taxis und den Rikschas durch die engen Gassen der Altstadt von Hanoi drängen.

Dann ging es auf ca. 4 Stunden Fahrt, inkl. einer halben Stunde Pause – natürlich perfekt organisiert an einem Einkaufszentrum mit europäischen Preisen, das man mehr oder weniger durchqueren musste. Aber auch das kennt man von geführten Touren, man ist ja nicht gezwungen was zu kaufen.

Dann kamen wir langsam an unser Ziel. Und für den ersten Eindruck gibt es bekanntermaßen keine zweite Chance… Versteht mich nicht falsch, der erste Eindruck war nicht schlecht! Und überhaupt sind wir nicht gekommen, um die Marina zu sehen, sondern um eine Bootstour zu machen. Trotzdem hat uns dieser erste Eindruck nachdenklich gestimmt.

Von Cadolzburg nach Los Angeles

Die Straße, die zur Marina führt, ist sechsspurig. Wohlgemerkt pro Richtung. Die Straßen, die wir bis dahin befahren hatten, waren maximal zweispurig. Man kommt gefühlt von Cadolzburg nach Los Angeles – um die Straßendimensionen etwas zu veranschaulichen. Allerdings war die Straße quasi leer.
Der Gehweg rechts neben der Autobahn (Was auch immer dort ein kilometerlanger Gehweg zu suchen hat) war neu angelegt, die Palmen alle 5 Meter neu verpflanzt. Ein Sportstadion erscheint rechts – es ist noch nicht bei Google Maps eingezeichnet, insofern kann ich nur mutmaßen, dass es sich um ein Sportstadion handelt – etwa so groß wie ein mittleres erstliga Stadion in Deutschland. Absolut Modern und man könnte Meinen, dass hier die Olympischen Spiele vor der Tür stünden. So in etwa einem halben Jahr. Denn:
Fertig ist das wenigste. Teile des Gehwegs sind noch steinlos. Fast alle Gebäude sind verputzt, manche auch verglast, aber die wenigsten bezogen. Vereinzelt hängen Wäscheleinen in den oberen Stockwerken der Häuser, ganz egal ob verglast oder nicht. Es wird allerdings auch nicht gebaut.
Alles sieht so aus, als hätte man die Ausrichtung der olympischen Spiele wieder entzogen bekommen und abrupt mit dem Bau gestoppt.

Es ist Nebensaison in Vietnam. Wir wissen nicht, ob es daran liegt, dass hier – abgesehen von uns hunderten Boots-Touristen – einfach niemand ist.

Es gibt Schilder, die auf eine Delphin- und Seelöwen-Show hinweisen. Am Eingang des Parks sitzen sogar Wachleute. Aber sonst ist auch hier keine Menschenseele. Überall sind Plakate mit Bildern des Mega Projekts mit Casino, Luxushotels, Appartements. Aber nichts wird weiter gebaut.

Was ist hier los?

Es gibt einen weiteren Freizeitpark, mit Riesenrad und Co. In Ha Long. Allerdings ist auch hier schon vor einem Jahr bei Tripadvisor zu lesen gewesen, dass alles nur halbfertig ist. Für mich sieht es nicht so aus, als ob man mittlerweile weiter wäre.

Das alles ist keine Wertung. Wir sind nur neugierig, was hier passiert, passiert ist, oder passieren hätte sollen. Das konnte uns leider keiner so richtig beantworten.

Eine ganz andere Wertung entsteht allerdings dann im Kopf, spätestens, wenn man mit dem Schiff ablegt und aus der Marina rausfährt… Es wirkt wie der Start einer Segelregatta. Ca. 500 Schiffe, so klärte uns unser Guide später auf, spuckt die Marina nun in die Ha Long Bucht. Es stinkt nach Diesel, das Wasser hat – dank Ölfilm – die Farben eines Regenbogens. Vereinzelt schwimmt Müll im Wasser. Und es ist Low-Season!

Und hier beginnt dann der Zwiespalt im Kopf, über den wir uns die beiden Tage auf dem Schiff und auch danach immer wieder unterhalten haben.

Um das nochmal klar zu sagen: Der Trip war wunderschön! Die Ha Long Bucht ist wunderschön! Das Programm auf dem Schiff war uns etwas zu sehr organisiert – wir reisen gerne individuell und haben einen Kopf zum denken und planen – minutiös geplante Tagesabläufe sind einfach nicht unser Ding – aber das wussten wir und das ist auch völlig okay. Abgesehen von der Essensplanung und den Unmengen, die hier weggeworfen werden, war die Organisation einfach so, wie sie sein sollte!

Massentourismus in der Ha Long Bucht

Aber irgendwie haben wir uns nicht gut gefühlt hierbei. Der Massentourismus ist hier ein mehr als sichtbares Problem. Bewohner der Ha Long Bay mussten weichen, da sie nicht ins Bild gepasst haben. Ganze Völker wurden vom Meer aufs Land umgesiedelt. Alles wegen – ja, wegen uns.
Wir sind nämlich gerade Teil des Problems.

Aber was ist die Lösung? Gibt es eine Lösung? Denn – und ja, da bin ich schon auch etwas egoistisch – sehen möchte ich diese wunderschönen Orte ja doch irgendwie… Nicht nur irgendwie, das Kennenlernen fremder Länder, Kulturen und Menschen – das Entdecken neuer Orte… Das alles treibt uns an, jeden Tag zu arbeiten, Geld bei Seite zu legen… Es erweitert unseren Horizont, macht uns toleranter und offener fremdem gegenüber. Viele Menschen in der Region leben davon, dass wir kommen und konsumieren. Nicht zu kommen wäre also zumindest auch nicht die korrekte Lösung. Ein wenig vergleichbar mit der Situation Anfang 2018 in Südafrika, als das Wasser knapper und knapper wurde. Wir waren im Februar dort und oft hat man gelesen oder gehört, dass man da lieber momentan nicht hin sollte – immerhin gibt’s kein Wasser und da wäre ein Urlaub nicht angebracht. Das ist aber nicht zu Ende Gedacht. Denn wenn neben dem Wasser auch noch die Einnahmen für den Tourismus wegfallen, hat man nach der Wasser-Krise gleich die Wirtschafts-Krise geschaffen.

Ich denke, es gibt hier einfach nicht DIE korrekte Lösung… Die zwei Meinungen, die in unserem Kopf sind, wird es wohl immer geben. Vielleicht ist die Lösung der gesunde Menschenverstand…

Werft euren Müll nicht in die Natur, schon garnicht ins Meer. Esst an den Ständen der Einheimischen, nicht immer nur in Fast-Food Ketten und Malls. Eine kleine Flasche Wasser kostet am Straßenstand der thailändischen Familie nicht viel mehr, als im 711. Das Essen schmeckt meist sogar besser, wenn die Oma es in Ihrer Garküche gekocht hat. Plastiktüten für für jede einzelne Getränkedose kann man auch ablehnen und die Errungenschaften in den Rucksack packen. Statt eines Tierparks mit Kunststückchen von Elefanten und Lebensmüder Schausteller, die Ihren Kopf in den Hals eines Alligators stecken, schaut euch Institutionen an, die Tiere aus Gefangenschaft befreit haben und jetzt pflegen. Davon gibt es genügend und hier tut man tatsächlich etwas gutes. Und es macht noch viel mehr Spaß, die Arbeit der Menschen zu beobachten, die Tiere aus Nächstenliebe pflegen, retten und ihnen wieder ein Leben schenken und ganz nebenbei noch etwas über diese Tiere zu erfahren, als sie dabei zu beobachten, wie sie unter Qualen antrainierte Kunststückchen vorführen.

Man lernt niemals aus!

Dabei muss ich natürlich gestehen, auch wir saßen schon auf dem Rücken von Elefanten, haben uns Krokodilfarmen angesehen, uns Delphinshows in fragwürdigen Einrichtungen angesehen. Und nein, ich bin kein Fan von radikalen Organisationen, die jeden noch so tollen Zoo in der Luft zerreisst. Ohne Zoos, deren Programme zur Erhaltung bedrohter Arten dienen, die unseren Kinder es überhaupt ermöglichen, einen Elefanten, ein Zebra oder einen Eisbär zu sehen, ohne um die halbe Welt zu fliegen, ohne die hätten viele Menschen gar kein Bewusstsein für Natur, Tierwelt und Artenschutz. Wir haben in Nürnberg die Diskussion immer wieder – Delfine im Delfinarium, wie kann man nur! Aber hier steckt meiner Meinung nach mehr dahinter. Forschung, Artenschutz, Aufklärung… Alles hat zwei Seiten und ich bin mir sicher, dass zumindest in entwickelten Ländern diese Einrichtungen nicht nur strengen Auflagen unterliegen, sondern auch sehr viel für das Tierwohl getan wird.
Aber ich schweife ab und über dieses Thema kann man sich sowieso stundenlang streiten.

Zurück zum eigentlichen Thema… Wir saßen in der Nacht unseres zwei tägigen Ausfluges auf dem oberen Deck unseres Schiffes… Haben einem Fischer bei der Arbeit zugesehen und den Anblick der Bucht bei Mondschein genossen. Leider nicht ungestört… Auf einem anderen Schiff war entweder Happy Hour oder Karaoke-Nacht. Es war irgendwie bedrückend, in dieser wunderschönen Gegend zu verweilen und das sicher zwei Kilometer entfernte Schiff zu hören, auf dem Songs von Michael Jackson auf voller Lautstärke die Natur beschallten.

Irgendwann gings ins Bett. Endlich war Ruhe. Der Ausblick aus dem Fenster, direkt neben dem Bett auf die Felsen der Bucht war beeindruckend. Es kam ein Gewitter auf… Immer wieder hat die Natur die Natur beleuchtet… Der Feueralarm nachts um drei hat kurz aufgeschreckt. Der erste Gedanke war „Wenn ich sterben sollte, dann BITTE nicht im halbschlaf oder beim Essen“. Der Feueralarm war vorbei und ich war wach. Eine Stunde lang konnte oder wollte ich nicht einschlafen. Das Blitzlichtgewitter in der Bucht war zu schön zum schlafen. Irgendwann sind mir dann doch die Augen zugefallen.

Am nächsten Tag ging es dann – nach einigen Programmpunkten – zurück ans Ufer. Durch regenbogenfarbenes, ölgetränktes Wasser in der Marina, zurück in den Bus, zum Einkaufszentrum an der Autobahn. Ein Eis wäre schön gewesen, leider fehlte ein wenig Bares. Also kein Eis. Noch eine Stunde fahrt… Ich hab mir die Verkehrsunfallstatistik von Vietnam angesehen und bin auf einen Blogbeitrag gestoßen, der prophezeite, dass es leider sehr oft dazu kommt, dass Rollerfahrer von Autofahrern vom Roller geholt werden. Keine 20 Minuten später kamen wir an einem verunfallten Roller vorbei. Der Fahrer lag reglos mit dem Gesicht zu Boden auf dem Asphalt. 500 Meter später wütende Autofahrer, die ein Auto gewaltsam angehalten haben. Von Herzen hoffe ich, dass es dem Rollerfahrer jetzt wieder gut geht und er nur ein paar Schrammen abbekommen hat.

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Gedankenkreisen…

Zurück im Hotel wieder die zwei Meinungen im Kopf. Negative Erfahrungen kämpfen mit positiven im Kopf. Dann hab ich mich dazu entschlossen, die positiven aufzusaugen und über die negativen zu schreiben. Nicht alles kann man ändern, aber auf ein paar Dinge kann man aufmerksam machen. Die Welt verändern kann ich sowieso nicht. Wir können nur unseren Beitrag dazu leisten, sie ein wenig besser zu machen – siehe oben.

Den Abend genießen wir in Hanoi. Bei unglaublich gutem Kaffee und leckerem Essen.

Es war schön.
Es war nicht schön.
Es war beeindruckend.
Es war unvergesslich.
Es war traurig und machte Nachdenklich.

Falsche Entscheidungen kann man korrigieren…

Zum Schluss noch eine Situation, die uns in Hua Hin ein paar Tage später kurz an die Grenzen unserer Emotionen gebracht hat.

Wir saßen im Railroad Restaurant. Wir hatten noch 2 Stunden bis unser Zug nach Surat Thani weiterging. Ein Junge kam ins Restaurant. Er sah gepflegt aus, das Gesicht war gezeichnet von einer schlecht operierten Mund-Kiefer-Gaumen-Spalte. Er hatte eine Tüte bei sich, kam höflich zu uns und wollte uns was verkaufen.

Nun hat man in unzähligen Reiseführern gelernt, dass man Kindern in Südostasien bloß nichts abkaufen soll – sie wollen nur unser Geld und wenn man einem Geld gibt, kommen die anderen. Und ohnehin müssen sie das Geld abgeben.

Wir haben höflich abgelehnt und unseren teuren Gin-Tonic weitergeschlürft.

Er ging zum nächsten Gast. Ein – sorry – widerlicher Europäer, der ihn angepflaumt hat. Was er gesagt hat, hab ich nicht verstanden, aber der Kerl ist uns vorher schon aufgefallen.

Der Junge ging weiter, zu einer thailändischen Frau, die mit ihrem europäischen Mann ein paar Tische weiter saß. Sie hat ihn gebeten, zu zeigen, was er verkauft. Kleine Eimerchen, mit selbstgemachten Süßspeisen. Kleine Röllchen mit Sesam. Sie hat sich mit ihm unterhalten, etwas zu ihrem Mann gesagt und sie haben ihm ein Eimerchen abgekauft. Er hat gestrahlt und sich mehrfach bedankt.

Wenn diese Frau, die scheinbar von hier ist, etwas von ihm kauft. Immerhin sollte sie sich hier auskennen und die Umstände kennen… Kann es dann so schlimm sein? Warum haben wir ihn nichtmal gefragt, was er uns verkaufen möchte? Warum trinke ich einen 4 Euro Gin-Tonic und bin nicht bereit, diesem Jungen auch nur eine Sekunde zu Wort kommen zu lassen? Nicht das ich ihn verstanden hätte, aber das ist sicher nicht das Problem.

Der Kopf ist rund…

Ein Satz, der schon immer in meinem Kopf ist wurde jetzt nochmal gefestigt. Der Kopf ist rund, damit Gedanken sich drehen können.

Die Röllchen waren und sind lecker. Das, was noch davon übrig ist, steht bei uns auf dem Wohnzimmertisch. Ich weiß nicht mehr, was er gekostet hat… Auf jeden Fall nur einen Bruchteil des Gin-Tonics.

Auf dem Weg zum Bahnhof ist mir aufgefallen, dass meine Frau ungewöhnlich ruhig ist. Ich hab mich umgedreht und Tränen gesehen… Warum in aller Welt haben wir den Jungen anfangs nicht einmal zu Wort kommen lassen?

Die Röllchen sind phantastisch. Und es ist ganz egal, wie die erste Reaktion aussah, solange man bereit ist, Dinge noch einmal zu überdenken.

Denn der Kopf ist Rund und Gedanken dürfen sich drehen.